Gemälde von Pietro Antonio Graf Rotari dauerhaft gesichert

Gemälde von Pietro Antonio Graf Rotari dauerhaft gesichert
Pietro A. Rotari: Angelika und Medoro bei den Hirten, um 1755, Öl auf Leinwand, 211 x 163 cm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Foto: Punctum/Bertram Kober
von 14. August 2024

Gemälde Angelika und Medoro bei den Hirten von Pietro Antonio Graf Rotari dauerhaft für die Öffentlichkeit gesichert

 

rotari-Ausstellungsansicht
Foto: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt

 

Nach seiner Wiederentdeckung Anfang 2023 konnte das lange verschollen geglaubte Gemälde Angelika und Medoro bei den Hirten von Pietro Antonio Graf Rotari (1707–1762) im Juli 2023 seiner rechtmäßigen Eigentümerin, der Erbengemeinschaft nach Joachim Ernst von Anhalt, zurückgegeben werden. Seitdem war das Werk als Dauerleihgabe im Ausstellungsbereich Kunst des 16. bis 19. Jahrhunderts zu besichtigen. Nun gibt es erneut gute Neuigkeiten: Das Gemälde wurde mit einem Ankauf dauerhaft für das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) und somit für die Öffentlichkeit gesichert! Unterstützung erhielt die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt dafür vom Land Sachsen-Anhalt, der Kulturstiftung der Länder und der Ernst von Siemens Kunststiftung.

Heute wurde das Gemälde im Beisein der Förderer der Öffentlichkeit präsentiert und dauerhaft in die Sammlungspräsentation integriert. „Der künstlerische Ruhm des Conte Rotari verdankt sich nicht zuletzt seiner Könnerschaft als Porträtmaler – dass er auch ein bemerkenswerter Historienmaler war, zeigt dieses Gemälde. Erworben von Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau ist seine Provenienz eng mit der Geschichte des heutigen Sachsen-Anhalts verbunden. Für uns als Land ist es daher ein großes Glück, dass dieses lange verschollen geglaubte Werk für die Öffentlichkeit gesichert werden konnte. Ich danke allen Beteiligten, die diesen Ankauf ermöglicht haben.“

Rainer Robra
Chef der Staatskanzlei und Minister für Kultur Sachsen-Anhalt„

Es ist ein großer Glücksfall, dass das verschollen geglaubte Gemälde von Pietro Antonio Graf Rotari im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) identifiziert werden konnte und dort verbleiben darf. Seine bewegte Provenienzgeschichte ist eng verknüpft mit der Geschichte des Herzogtums Anhalt und des heutigen Landes Sachsen-Anhalt. Die Kulturstiftung der Länder unterstützt mit ihrer Erwerbungsförderung das Museum gerne dabei, das Bild wieder dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“

Prof. Dr. Markus Hilgert
Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder

„Dank der intensiven Forschung des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) konnte das verschollen geglaubte Gemälde in den eigenen Depots identifiziert und dann an das Haus Anhalt restituiert werden. Die Ernst von Siemens Kunststiftung freut sich, nun den Ankauf zu unterstützen und das kulturhistorisch wichtige Gemälde des Pietro Antonio Graf Rotari auf Dauer der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Erwerb zeigt deutlich die Bedeutung der Bestandserschließung im Museum und die Notwendigkeit auch Mittel für den Fall von Restitutionen bereitzustellen.”

Dr. Martin Hoernes
Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung

 

Zum Werk

Das 211 x 163 cm große Gemälde (Öl auf Leinwand) zeigt eine Szene aus dem Ritterepos Orlando furioso (Der rasende Roland) des italienischen Dichters Ludovico Ariosto (1474–1533), das sich seit der Erstausgabe 1516 und insbesondere in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts größter Beliebtheit erfreute. Beschrieben wird darin unter anderem die Liebesgeschichte von der Königstochter aus Cathay (Nordchina), Angelika, die sich in den verwundeten sarazenischen Ritter Medoro verliebt und ihn in einer Hirtenhütte gesund pflegt. Es wurden zahlreiche Übersetzungen des Epos angefertigt und viele Themen daraus von herausragenden Künstlern wie François Boucher (1703–1770) oder Louis de Silvestre (1675–1760) bildnerisch umgesetzt. Beliebtestes Motiv war die auch von Pietro Antonio Graf Rotari im Gemälde aufgegriffene Szene, in der das Liebespaar seine Namen in einen Baum schneidet.

 

02Festsaal des Dessauer Schlosses (1938). Rechts das Gemälde „Angelika und Medoro bei den Hirten“ von Pietro Antonio Graf Rotari in seinem verschollenen Goldrahmen. Foto: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

Schloss Dessau – Festsaal des Dessauer Schlosses (1938). Rechts das Gemälde „Angelika und Medoro bei den Hirten“ von Pietro Antonio Graf Rotari in seinem verschollenen Goldrahmen. Foto: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

Zur Provenienz

Das Gemälde von Pietro Antonio Graf Rotari schmückte seit dem 18. Jahrhundert den Festsaal der Residenz der Fürsten, später Herzöge von Anhalt-Dessau im Dessauer Stadtschloss. Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817) hatte es vermutlich in den 1760er Jahren zusammen mit weiteren Werken aus dem Nachlass des Künstler erworben. Es ist ein charakteristisches, repräsentatives Beispiel für die barocke Historienmalerei. 1939 wurde es zuletzt im Inventar der Herzoglichen Gemäldesammlung unter der Nummer 626 erfasst. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gemälde mit vielen weiteren Kunstwerken zum Schutz vor Luftangriffen in das Schloss Ballenstedt im Harz ausgelagert. Dort hatte die Familie nach der Abdankung des letzten regierenden Herzogs 1918 ihren Wohnsitz genommen.

Am Ende des Kriegs wurde Ballenstedt zunächst von amerikanischen, dann von sowjetischen Truppen besetzt. Im Zuge der im September 1945 begonnenen Bodenreform erfolgte die entschädigungslose Enteignung der Familie von Anhalt. Die im Schloss Ballenstedt befindlichen Kunstwerke wurden zum Teil in die Sowjetunion gebracht. Andere, wie dieses Gemälde, gelangten 1948/49 in die Moritzburg nach Halle (Saale). Hier befand sich ein Zentraldepot für Kunst- und Kulturgut aus der Bodenreform.

Im Jahr 2023 wurde das Gemälde als Eigentum der Familie von Anhalt identifiziert und auf Grundlage des 1994 in Kraft getretenen Ausgleichsleistungsgesetzes zurückgegeben. Es verblieb jedoch als Leihgabe der Erbengemeinschaft nach Herzog Joachim Ernst von Anhalt in der Sammlungspräsentation. Derzeit sind noch weitere ca. 2 000 Gemälde der ehemaligen Herzoglichen Gemäldesammlung kriegs- und enteignungsbedingt verlustig.

 

Zum Künstler

• 1707–1762, geboren in Verona und gestorben in St. Petersburg
• namhafter Künstler am Übergang vom Barock zum Klassizismus
• ging als Siebenjähriger in die Lehre bei dem in Verona tätigen flämischen Kupferstecher Robert van Audenaerde (1663–1748), war danach Schüler von Antonio Balestra (1666–1740), Francesco Trevisani (1656–1746) und Francesco Solimena (1657–1747)
• populär vor allem für seine Porträts, bei denen er es verstand, Gemütszustände und Charaktereigenschaften sichtbar zu machen
• setzte auch zahlreiche Aufträge, beispielsweise von Ordensgemeinschaften, für religiöse Kunstwerke wie Altäre und Andachtsbilder um und produzierte zudem auch Arbeiten mit arkadisch-mythologischen Themen
• tätig in Italien sowie u. a. an den Höfen in Wien und Dresden
• ab 1756 als Hofmaler in St. Petersburg
• ab 1757 Lehrer für Malerei an der Akademie der Drei Edelsten Künste in St. Petersburg